Der Welten-Express fährt weiter - durch magisch funkelndes
Licht, aber auch durch düstere Schatten.
~ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ ~ Vorweg ~ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ ~
Nach dem unglaublich starken Debüt im vergangenen Jahr, erschien am
30.8.2019 nun mit „Der Welten-Express - zwischen Licht und Schatten“ der lang
ersehnte zweite Band der Trilogie im Carlsen Verlag. Auf 418 Seiten geht Flinns
Abenteuer im magischen Internat auf Schienen weiter.
~ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ ~ Inhalt des Buches
~ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ ~
Die 13-jährige Flinn Nachtigall kann es kaum fassen: eben noch misstrauisch
beäugter blinder Passagier des Welten-Expresses – nun zu ihrer eigenen
Überraschung plötzlich offizieller Schüler im fahrenden Internat für besondere
Persönlichkeiten. Allerdings ist das Leben als Pfau nicht so komplikationslos
wie erhofft, denn die Ereignisse der vergangenen Tage werfen immer noch ihre
düsteren Schatten und auch von ihrem verschwundenen Halbbruder Jonte fehlt eine
heiße Spur. Außerdem bringen ein paar neue Gesichter Unruhe in ihre heimelige
Welt, und so sieht sich Flinn schnell alten und neuen Problemen gegenüber. Auch
der Zug selbst hält neue Überraschungen und Geheimnisse für das Mädchen aus
Weideborstel bereit und so merken sie und ihre Freunde Pegs und Kasim erst zu
spät, dass große Gefahr den Welten-Express bedroht.
~ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ ~ Cover, Bilder und
Gestaltung ~ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ ~
Das Cover ist in der Grundgestaltung dem ersten sehr ähnlich, sodass eine
klare Zugehörigkeit zur Reihe sofort ersichtlich ist. Es hat ebenso eine gute
Mischung aus Eleganz und Jugendlichkeit, allerdings finde ich die einzelnen
Symbolbilder am Rand durch ihre kräftigen Konturen etwas zu ablenkend vom Bild
der Protagonisten. Dadurch geht die Mystik, die dem Vorgänger innewohnte, ein
wenig verloren. Auch die Farbe spricht mich überhaupt nicht an, dem liegt aber
ein persönliches Problem mit genau diesem Gelbton zu Grunde.
~ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ ~ Meine Meinung zum Buch
~ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ ~
Story:
Obwohl der Welten-Express schon vor genau einem Jahr seine Fahrt aufnahm,
kam es mir beim Lesen des zweiten Teils so vor, als wäre ich erst gestern
zusammen mit Flinn an Bord gegangen. Alles war sofort wieder da und natürlich
war ich sehr neugierig, wie sich die Geschichte nun entwickeln würde, nachdem
Flinn doch als Schülerin ausgewählt wurde. Damit fiel zwar der Punkt, der mir
in Band 1 besonders gut gefallen hat, weg und auch der Zauber des ersten
Kennenlernens dieses magietechnologischen Zuges und seiner Bewohner war
natürlich verpufft, aber das hatte ich erwartet und demensprechend bin ich auch
mit einer neutralen Haltung gegenüber der veränderten Grundsituation herangegangen.
Im Vergleich zum Vorgänger fand ich die ersten paar Kapitel ein wenig holprig,
aber dennoch nett. Dann wurde es von der Geschichte her wieder flüssiger,
allerdings vermisste ich ein bisschen die besondere Magie in den Ereignissen.
Interessant war es ohne Frage, aber da Flinn von allem möglichen viel zu
abgelenkt war, kam das Staunen über die Besonderheiten dieses Ortes immer
kürzer, obwohl sie natürlich Neues entdeckte. Es ist zwar nachvollziehbar, ich
hätte mir trotzdem gewünscht, dass dem noch ein wenig mehr Platz eingeräumt
wird. Zur Mitte hin stiegen die Spannung und das Tempo merklich an und nahmen
zum Ende hin volle Fahrt auf. Ja, Spannung und Wendungen in der Story gab es
reichlich, sodass ich mich zwischenzeitlich eher wie in einer Achterbahn, als wie
in einem Zug fühlte – allerdings hat mich das im letzten Drittel komplett aus
der Bahn geworfen und ab einem bestimmten Punkt sah ich mich nur noch wartend
auf einem imaginären Bahngleis stehen, auf dessen Anzeigestafel steht: „Die
Logik dieser Ereignisse verspätet sich um voraussichtlich ein paar Seiten“.
Also wartete ich brav, während weitere Geschehnisse vorbeirauschten, denen ich
nur fragend hinterher sehen konnte. Ab und zu kam ein Bahnmitarbeiter und
verteilte gratis Becher mit verführerisch duftendem Schreibstil-Kakao, dessen
wundervolle Note mich die Ungeduld auf eine gute Erklärung für kurze Zeit
vergessen ließ. Dann kam auch endlich die Logikbahn eingefahren – allerdings
war es nur eine ausrangierte Bummelbahn statt eines ICE und die Fahrt darin
nicht wirklich zufriedenstellend. Es tut mir so unglaublich leid, in Band 1
konnte ich guten Gewissens ab und zu ein Auge bei kleinen Ungereimtheiten
zudrücken, die haben mich nicht weiter gestört, aber hier reichten nicht einmal
zwei Augen zu. Egal, wie lange ich über bestimmte Punkte nachdenke, sie ergeben
einfach aktuell keinen Sinn und ich bete zu den drei Weltenstromern, dass sich
alles in Band 3 ausreichend aufklärt. Ich weiß nicht, ob hier wieder der
Rotstift angesetzt wurde, um es ja spannend genug für junge Leser zu halten,
aber leider wirkte es so ziemlich gezwungen aneinander geklatscht, damit sich
bestimmte Dinge überhaupt noch verknüpfen lassen. Wo Band 1 in vielen Bereichen
auf sehr innovativen Gleisen gefahren ist, spurte die Geschichte leider an
vielen Stellen nun wieder auf bekannte Wege und Konzepte zurück. Es war zwar
trotzdem interessant, unterhaltsam und teilweise amüsant, aber ich hoffe ganz
stark, dass manche Dinge nur eingebaut wurden, um sie später zu widerlegen.
Immerhin führen auch bekannte Wege manchmal zu ganz neuen Orten, wenn man den
Blick verändert.
Schreibstil:
Während mich der Storyverlauf ein wenig an meine
Reisen mit der Deutschen Bahn erinnerte, war Anca Sturms Schreibstil ein
Shinkansan, der mich vom ersten Wort an superpünktlich abholte, mich entspannt durch
wunderschöne Landschaften fuhr und zufrieden lächelnd am Zielbahnhof absetzte.
Zum Glück gab es von Wortgewalt – und Malerei keinen Unterschied zum ersten
Band. Es las sich flüssig, abwechslungsreich und war trotz aller Verspieltheit
sehr aussagekräftig. Egal zu welchen Themen die Autorin Bücher schreiben wird –
ich werde sie lesen, allein des großartigen Schreibstils wegen.
Charaktere:
Da der personale Erzähler die
Protagonistin Flinn begleitet, liegt natürlich auch in diesem Band der
Hauptfokus auf ihr. Ich mochte Flinn eigentlich von Anfang an. Auch wenn sie es
nicht geschafft hat, zum Lieblingscharakter zu werden und ich ihre Reaktionen
in Band 1 nicht immer nachvollziehen konnte, kam ich gut mit ihr klar.
Allerdings war sie mir zu Beginn des zweiten Teils gleich ein bisschen zu
nervig und insgesamt leider zu sehr nur auf sich und ihre Probleme fokussiert.
Es wurde zwar versucht, auch viel auf die Nebenfiguren einzugehen und ihnen
mehr Tiefe zu verleihen, aber da von Flinn eigentlich hauptsächlich
Desinteresse rüberkam, wirkte das teilweise etwas sehr reingebastelt. Mir
fehlte gerade die gute Mischung mit ihren beiden neuen Freunden sehr. Mir ist
zwar klar, dass das auch durch viele plottechnische Dinge so sein musste, aber
es tat dem Buch und vor allem Flinns Charakter nicht unbedingt gut. Meine
Distanz zu ihr wuchs und ich musste mir dieses Mal viel öfter ins Gedächtnis
rufen, dass sie ja erst 13 Jahre ist, mit Problemen zu kämpfen hat, die
eigentlich zu viel Last auf ihren Schultern sind und deshalb nicht immer
sinnvoll reagiert. Allerdings kamen mir in Band 1 die etwas fraglichen Stellen
in Hinblick auf ihr Alter dann trotzdem immer schlüssig vor, was hier nur
bedingt der Fall war. Eher erschienen mir in Band 2 manche übermäßig emotionalen
Ausbrüche als Mittel, schneller zwischen Themen hin und her springen zu können,
damit auch ja nicht zu viel Platz von „langweiligen“ Gesprächen eingenommen
wird. Für mich bewahrheitet sich „In der Kürze liegt die Würze“ bei
Charakterentwicklungen leider gar nicht.
Trotzdem finde ich nach wie vor, dass alle Figuren mit sehr viel Liebe
gestaltet wurden und sie alle auf ihre Weise sehr besonders sind. Ich mag Flinn
auch immer noch, hoffe aber, dass sie die Kurve im nächsten Band wieder in eine
etwas andere Richtung bekommt.
Fazit:
Auch die zweite Fahrt mit dem Welten-Express war eine fantastische Reise
voller Geheimnisse, Abenteuer und vor allem Action – aber Spannung ist nun mal
leider nicht alles, und auch die unglaublich kreativen Formulierungen konnten mich
unglücklicherweise nicht davon ablenken, dass sich die Storygleise etwas sehr geflickt
anfühlten. Auch die Charaktere konnten mich nicht so von sich einnehmen wie im
Vorgänger.
Trotz allem muss man sagen, es ist Meckern auf hohem Niveau und das Lesen
hat Spaß gemacht, wenngleich dieses Mal ein bitterer Nachgeschmack blieb. Es
bleibt eine klare Leseempfehlung, denn ich denke, dass jüngeren Lesern
bestimmte Dinge, die mir sehr sauer aufgestoßen sind, gar nicht auffallen
werden.
Auf Band 3 bin ich nun umso gespannter und werde ihn lesen komme was wolle.
Es tut mir in der Seele weh, denn ich habe Teil 1 wirklich geliebt, aber in
der Bewertung bringt es Band 2 nur auf 3,5 Sterne (für ganzzahlige
Bewertungssysteme 4 mit Augenzudrücken).
~ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ
~ Wem würde ich das Buch
empfehlen? ~ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ ~
Spannung und eine magische Reise mit einer Schule auf Schienen – wer den
Welten-Express noch nicht kennt, sollte das schnell nachholen.
Der offiziellen Altersempfehlung ab 10 Jahren schließe ich mich auch hier
wieder an, auch wenn es ein wenig düsterer zugeht, als im letzten Teil. Als
Erwachsene hatte ich dieses Mal etwas mehr Probleme mit diesem Jugendbuch,
dennoch sollte man das Gesamtkonzept des Welten-Express nicht verpassen.
Taja